Technische Dokumentation richtig planen

Technische Dokumentation richtig planen

Willkommen zum zweiten Teil unserer Serie zur technischen Dokumentation. Nach dem einführenden ersten Teil fokussieren wir uns nun ganz auf die Planung. Eine detaillierte Analyse der Anforderungen und Zielgruppen bildet das Fundament für Inhalte, die wirklich ankommen. Lernen Sie die Schlüsseltechniken kennen, die Ihnen dabei helfen, Ihre technische Dokumentation optimal auszurichten und auf die Bedürfnisse der Nutzer abzustimmen.

Falls Sie den ersten Artikel der Reihe verpasst haben, können Sie ihn hier nachlesen: Technische Dokumentation – eine Einführung

Die kritische Rolle der Anforderungsanalyse in der technischen Dokumentation

Die Anforderungsanalyse ist ein methodischer Prozess, der darauf abzielt, die Bedürfnisse und Anforderungen, welche an die technische Dokumentation gestellt werden, klar und umfassend zu verstehen: sei es in Bezug auf Produktfunktionalitäten, rechtliche Richtlinien oder die Erwartungen der Benutzer.  

Ein genaues Verständnis der Anforderungen ermöglicht es, Inhalte gezielt zu erstellen, unnötige Informationen zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Dokumentation im Einklang mit gesetzlichen Bestimmungen steht.

Methoden der Anforderungsanalyse

Um relevante Informationen zu sammeln und auszuwerten, stehen u. a. folgende Techniken und Werkzeuge zur Verfügung:

  • Interviews: Direkte Gespräche mit Entwicklern, Produktmanagern und Benutzern geben einen direkten Einblick in die Funktionsweise und Anforderungen.
  • Dokumentenanalyse: Die Prüfung bestehender Dokumente, wie technischer Spezifikationen und Anforderungsdokumente, liefert wertvolle Informationen.
  • Workshops und Meetings: Bringen alle Stakeholder zusammen. So können die Anforderungen aus unterschiedlichen Perspektiven gesammelt werden.
  • Beobachtung vor Ort (On-site Observation): Direkte Beobachtungen von Arbeitsabläufen und Nutzungsszenarien vor Ort ermöglichen es, reale Herausforderungen und Anforderungen der Benutzer zu identifizieren. 
  • Prototyping: Wireframes, einfache Mock-ups oder Storyboards ermöglichen es den Stakeholdern, frühzeitig einen visuellen Eindruck von der Dokumentation zu gewinnen. 

Einbeziehung von Stakeholdern

Die Identifikation aller Stakeholder und die Integration ihrer Perspektiven sind Schlüsselelemente der Anforderungsanalyse. Es gibt interne und externe Stakeholder. Intern sind es oft Entwickler, Produktmanager und QA-Teams, während externe Stakeholder Kunden, Service-Teams oder sogar Gesetzgeber sein können.

Die Einbeziehung von Stakeholdern kann durch regelmäßige Meetings, Feedback-Sitzungen oder die Nutzung kollaborativer Plattformen erfolgen. Die Erfassung ihrer Bedürfnisse erfordert eine offene Kommunikation und die Bereitschaft, unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen.

Wie eine effektive Zielgruppenanalyse Qualität und Relevanz der technischen Dokumentation sichert

Die Zielgruppenanalyse ist ein systematischer Prozess, der darauf abzielt, die Nutzer der technischen Dokumentation genau zu verstehen. Ziel ist es, die Bedürfnisse, Kenntnisse und Erwartungen der verschiedenen Benutzergruppen zu identifizieren, um Inhalte gezielt auf sie zuzuschneiden.

Eine präzise Zielgruppenanalyse ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die erstellte Dokumentation nicht nur informativ, sondern vor allem auch benutzerfreundlich ist. Durch die Identifikation unterschiedlicher Anwenderprofile kann die Dokumentation gezielt auf die Bedürfnisse von Einsteigern, fortgeschrittenen Benutzern oder auch Spezialisten zugeschnitten werden.

Methoden zur Identifikation der Zielgruppe

  • Umfragen und Interviews: Fragen Sie die Benutzer nach ihrem Kenntnisstand, ihrer Nutzungsumgebung und den spezifischen Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind.
  • Analyse von Nutzungsdaten: Durch die Auswertung von Nutzungsdaten können Muster und Präferenzen der Zielgruppe erkannt werden.
  • Social-Media-Analyse: Die Auswertung von Kommentaren, Interaktionen und Diskussionen auf Social-Media-Plattformen bietet Einblicke in die Meinungen und Bedürfnisse der Zielgruppe. 
  • Erstellung von Personas und deren Nutzung im Dokumentationsprozess: Personas sind fiktive Charaktere, die verschiedene Nutzerprofile repräsentieren. Durch die Schaffung solcher Personas wird eine klare Vorstellung von den Bedürfnissen, Zielen und Verhaltensweisen der verschiedenen Zielgruppen vermittelt. 

Anpassung der Inhalte an die Zielgruppe

  • Sprache und Tonfall: Wählen Sie eine Sprache und einen Tonfall, welche der Zielgruppe entsprechen. Fachbegriffe können für erfahrene Fachleute geeignet sein, während klare und einfache Formulierungen für Einsteiger von Vorteil sind.
  • Visualisierung: Berücksichtigen Sie den Kenntnisstand der Zielgruppe bei der Auswahl von Grafiken und visuellen Elementen. Fortgeschrittene Benutzer bevorzugen möglicherweise detaillierte Diagramme, während Einsteiger von einfachen Schaubildern profitieren.
  • Berücksichtigung des Erfahrungsniveaus: Passen Sie den Inhalt an das Erfahrungsniveau der Zielgruppe an. Bieten Sie für Anfänger grundlegende Erklärungen und für erfahrene Benutzer detailliertere Informationen.
  • Interaktive Elemente einbinden: Für technisch versierte Nutzer können interaktive Elemente wie Tutorials, Simulationen oder interaktive Diagramme den Lernprozess bereichern und das Engagement erhöhen.

Dokumentationsplanung

In der Planungsphase werden die Erkenntnisse aus der Anforderungs- und Zielgruppenanalyse genutzt, um den Fokus, die Tiefe und den Stil der Dokumentation festzulegen. 

Bei der Planung sollten Sie unbedingt die folgenden Schlüsselelemente beachten, damit Ihre technische Dokumentation sicher alle Anforderungen abdeckt und den Bedürfnissen der Benutzer entspricht.

Schlüsselelemente bei der Planung der technischen Dokumentation

  • Zielsetzung: Definieren Sie klare Ziele für die technische Dokumentation, wie etwa die Bereitstellung von Schulungsmaterial, die Lösung von (technischen) Problemen oder die Unterstützung bei der Produktnutzung.
  • Struktur und Umfang: Basierend auf den Anforderungen legen Sie die Struktur der Dokumentation fest. Entscheiden Sie, welche Inhalte für welche Zielgruppen relevant sind, und bestimmen Sie den Umfang der Dokumentation.
  • Zeitplan: Erstellen Sie einen realistischen Zeitplan für die Erstellung und Aktualisierung der Dokumentation. Berücksichtigen Sie dabei auch mögliche Revisions- und Überarbeitungszyklen.
  • Verantwortlichkeiten: Klären Sie, wer für welche Teile der Dokumentation verantwortlich ist. Dies kann Autoren, Lektoren, Grafikdesigner oder andere Stakeholder einschließen.
  • Feedback-Mechanismen: Implementieren Sie klare und effiziente Feedback-Mechanismen, um kontinuierliche Bewertungen der Dokumentation zu ermöglichen. Dies könnte die Einrichtung von Feedback-Formularen, Benutzerumfragen oder auch direkte Kommunikationskanäle mit Stakeholdern und Benutzern beinhalten.

Strategien zur Umsetzung und Anpassung der Dokumentationsplanung

  • Agile Dokumentation: Nutzen Sie agile Methoden, um flexibel auf sich ändernde Anforderungen und Rückmeldungen der Zielgruppen reagieren zu können. Planen Sie iterative Schritte, die kontinuierlich optimiert werden.
  • Technologische Integration: Berücksichtigen Sie technologische Entwicklungen und Trends bei der Erstellung des Dokumentationsplans. Dies könnte die Integration von interaktiven Elementen, Videos oder AR/VR-Elementen beinhalten.
  • Testläufe mit Zielgruppen: Bevor die Dokumentation veröffentlicht wird, führen Sie Testläufe mit Vertretern der Zielgruppen durch. Dies ermöglicht es, Benutzererfahrungen zu bewerten, mögliche Missverständnisse zu identifizieren und gezieltes Feedback zu sammeln.
  • Automatisierung von Updates: Implementieren Sie automatisierte Prozesse für die Aktualisierung der Dokumentation, insbesondere wenn sich das Produkt oder die Software regelmäßig ändert. 
  • Partizipative Dokumentation: Ermutigen Sie Benutzer und Stakeholder dazu, aktiv zur Dokumentation beizutragen. Dies kann durch Kommentarfunktionen, Community-Foren oder Kollaborationstools erfolgen. 

Normenkonformität in der technischen Dokumentation

Die Einhaltung von Normen und Richtlinien in der technischen Dokumentation ist ein entscheidender Faktor, um die Qualität und Sicherheit der erstellten Dokumente zu gewährleisten. 

Übersicht über relevante Normen

  • DIN EN ISO 82079-1: Diese Norm definiert die Grundsätze für die Erstellung von Gebrauchsanleitungen und stellt sicher, dass diese klar, verständlich und benutzerfreundlich sind.
  • DIN EN 50581: Diese Norm betrifft die Kennzeichnung von elektronischen Produkten und spezifiziert die Anforderungen an die technische Dokumentation für Produkte mit elektronischen Komponenten.
  • DIN EN ISO 13485: Diese Norm ist besonders relevant für die technische Dokumentation im Bereich der Medizinprodukte. 
  • ISO/IEC/IEEE 26515: Diese Norm beschreibt die Anforderungen an die Software-Dokumentation und bietet Richtlinien für die Erstellung von Software-Dokumenten, einschließlich Benutzerhandbüchern.
  • Machinery Directive (2006/42/EC): Diese Richtlinie legt die Anforderungen für die technische Dokumentation von Maschinen fest, um die Sicherheit von Maschinen für Benutzer und Bediener zu gewährleisten.

Sicherstellung der Normenkonformität in der technischen Dokumentation

Die Umsetzung von Normen in der technischen Dokumentation ist ein essenzieller Bestandteil, der nicht nur die Qualität der Dokumentation verbessert, sondern auch die Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit gewährleistet. Durch die Implementierung der folgenden praktischen Schritte können Sie sicherstellen, dass Ihre technische Dokumentation den höchsten Standards entspricht:

  • Dokumentationsaudit durchführen: Regelmäßige interne Audits sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die erstellte Dokumentation den geltenden Normen entspricht. 
  • Schulungen für das Team: Stellen Sie sicher, dass das Team, das für die technische Dokumentation verantwortlich ist, über aktuelles Wissen bezüglich der relevanten Normen verfügt. 
  • Checklisten verwenden: Erstellen Sie Checklisten, die die Anforderungen der relevanten Normen abdecken. Diese Checklisten können während des gesamten Dokumentationsprozesses als Leitfaden dienen, um sicherzustellen, dass keine relevanten Aspekte übersehen werden.
  • Kontinuierliche Überwachung von Normenänderungen: Halten Sie sich über Änderungen in den Normen auf dem Laufenden und passen Sie Ihre Dokumentationsprozesse entsprechend an. 
  • Externe Prüfung einbeziehen: In einigen Fällen kann die Einbeziehung externer Prüfer oder Zertifizierungsstellen sinnvoll sein, um sicherzustellen, dass die technische Dokumentation den geltenden Normen entspricht. Dies bietet eine unabhängige Perspektive und gibt Sicherheit bezüglich der Normenkonformität.

Fazit

Abschließend lässt sich festhalten, dass eine gründliche Anforderungs- und Zielgruppenanalyse die Basis für eine hochwertige technische Dokumentation bilden. Und die Einhaltung von Normen und Richtlinien stellt sicher, dass die technische Dokumentation auch den rechtlichen und sicherheitstechnischen Anforderungen entspricht. Normen bieten darüber hinaus klare Leitlinien für die Struktur, den Inhalt und die Formatierung der Dokumentation.

Nutzen Sie die vorgestellten Methoden, um Inhalte zu schaffen, die sowohl den Nutzeranforderungen als auch gesetzlichen Standards gerecht werden. Eine fortlaufende Anpassung und Aktualisierung gewährleistet dabei die Relevanz und Qualität Ihrer Dokumentation.

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Beitrag von Johannes Greipl
Johannes Greipl ist Geschäftsleiter und Head of Design der mds. Agenturgruppe. Sein Team umfasst Spezialisten für alle Fragen rund ums Thema Marke und deren visuelle Ausgestaltung: von Kreativgestaltung über Brand Guidance bis hin zu nachhaltigen Verpackungskonzepten, Packaging-Design und Adaptionen in der Serienproduktion.

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