Die wichtigsten Fakten zum BFSG im Überblick
1. Was bedeutet BFSG?
Die Abkürzung BFSG steht kurz für „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“.
2. Was bezweckt das BFSG?
Das Gesetz wurde erlassen, um die Richtlinie (EU) 2019/882 vom 17. April 2019, welche die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen festlegt (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union, L 151 vom 7. Juni 2019, Seite 70), in nationales Recht umzusetzen. Es tritt am 28. Juni 2025 in Deutschland in Kraft.
Das neu gefasste BFSG aktualisiert und erweitert die bestehenden Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen, einschließlich Webseiten und Online-Shops.
Checkliste für eine barrierefreie Website
Mit unserer kostenlosen Checkliste können Sie Schritt für Schritt prüfen, wie weit Ihre Website den Standards zur Barrierefreiheit entspricht und wie Sie sie diesbezüglich optimieren können.3. Geltungsbereich des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz richtet sich an Händler, Hersteller, Importeure und Dienstleistungserbringer, deren Produkte und Dienstleistungen ab dem 28. Juni 2025 auf den Markt kommen.
Es bezieht sich insbesondere auf digitale Angebote wie Webseiten, E-Commerce, elektronische Tickets und mobile Anwendungen sowie physische Produkte wie Computer und Geldautomaten. Ausgenommen sind unter anderem Lebensmittel und lebende Pflanzen sowie Tiere.
Kleinstunternehmen, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahresumsatz oder eine Bilanzsumme von maximal zwei Millionen Euro haben, sind von einigen Vorgaben befreit, allerdings nicht von allen.
Das Gesetz lässt die Möglichkeit offen, dass der Anwendungsbereich in Zukunft auf weitere Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet wird.
Quelle: https://bfsg-gesetz.de/
4. Welche Fristen gelten für das BFSG
Im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sind verschiedene Übergangsfristen für Dienstleistungen und Produkte vorgesehen:
Für Dienstleistungen, die auf spezifischen Produkten basieren, gilt eine Übergangsfrist bis zum 27. Juni 2030, um diese Dienste weiterhin mit den vorhandenen Produkten anzubieten, sofern diese bereits vor dem Stichtag eingesetzt wurden. Nicht barrierefreie Selbstbedienungsterminals können bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Lebensdauer genutzt werden, allerdings maximal bis zum Jahr 2040.
Im Gegensatz dazu müssen Webseiten und Online-Shops, die nicht unter den Begriff „Dienstleistungen unter dem Einsatz von Produkten“ (z.B. Reparaturdienstleistungen) fallen, bereits ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei gestaltet sein. Dies bedeutet, dass die Barrierefreiheit dieser digitalen Plattformen unmittelbar umgesetzt werden muss, da sie nicht von der verwendeten Hardware abhängt.
Die Notwendigkeit und der Nutzen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes
In Deutschland leben über zehn Millionen Menschen mit Behinderungen, von denen etwa 80 Prozent das Internet aktiv nutzen. Diese beeindruckenden Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit des BFSG.
Das neue Gesetz zielt darauf ab, die digitale Welt für alle Nutzer zugänglicher zu machen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass Webseiten, mobile Anwendungen und alle Online-Dienstleistungen wie E-Commerce-Plattformen und Terminbuchungssysteme den neuen Standards entsprechen müssen. Dies stellt sicher, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu digitalen Angeboten erhalten.
Neben solch rein ethischen Überlegungen gibt es aber auch starke wirtschaftliche Argumente für Barrierefreiheit. Eine benutzerfreundliche und leicht zugängliche Webseite kann die Konversionsrate deutlich erhöhen. Daher profitiert jedes Unternehmen davon, seine Produkte und Dienstleistungen möglichst barrierefrei zu gestalten. Angesichts der Tatsache, dass Menschen mit Behinderungen das Internet und insbesondere Online-Shops überproportional häufig nutzen, wäre es unklug, dieses Kundensegment zu vernachlässigen.
Die Relevanz des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes ist somit nicht nur eine Frage der rechtlichen Compliance, sondern auch eine strategische und ethische Überlegung, die das Geschäftsmodell und das Markenimage langfristig beeinflussen kann.
Was genau bedeutet das BFSG für Unternehmen in der Praxis?
Als Werbe- und Digitalagentur stehen wir täglich vor der Herausforderung, innovative und ansprechende Lösungen für unsere Kunden zu entwickeln, die nicht nur ästhetisch, sondern auch funktional sind. Das neu gefasste Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bringt wichtige Neuerungen, die unmittelbare Auswirkungen auf unsere Arbeit und die unserer Kunden haben.
Das betrifft vor allem die Zugänglichkeit und Nutzerfreundlichkeit. Es geht um die Art und Weise, wie Informationen präsentiert und Produkte zugänglich gemacht werden.
Für viele Unternehmen dürfte die geforderte Barrierefreiheit von Webinhalten die unmittelbarsten Auswirkungen haben.
Dies führt uns zur Frage:
Wie erreiche ich die geforderte Barrierefreiheit von Webinhalten?
Die „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAG) bilden die Grundlage für die Gestaltung barrierefreier Webinhalte. Diese international anerkannten Richtlinien werden durch das POUR-Prinzip verdeutlicht.
POUR steht dabei für:
1. Perceivable – wahrnehmbar:
- Bereitstellung von Alt-Texten für Bilder und Grafiken
- Anpassbare Zeitsteuerung von Medien
- Veränderbare Textgrößen
- Hoher Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrund
- Untertitelung von Videos
2. Operable – bedienbar:
- Vollständige Tastaturnavigation
- Angemessene Zeitlimits für Aktionen
- Vermeidung von visuellen Reizen, die Überlastung verursachen können
3. Understandable – verständlich:
- Klare und einfache Sprache
- Erläuterungen zu Fachbegriffen und Abkürzungen
- Fehlerfeedback auf der Website
- Einhaltung von Web-Konventionen: Links sollten unterstrichen und in einer erkennbaren Farbe dargestellt werden
4. Robust:
- Kompatibilität mit verschiedenen Browsern und assistiven Technologien wie Screenreadern
Es gibt drei Konformitätsstufen der WCAG-Richtlinien:
- A ist die grundlegende Stufe mit höchster Priorität.
- AA repräsentiert den Standard, der für eine gute Zugänglichkeit erreicht werden sollte.
- AAA ist die fortschrittlichste Stufe mit niedrigerer Priorität, die hauptsächlich für zentrale Inhalte relevant ist.
Wie testet man eine Website auf Barrierefreiheit?
Die Überprüfung einer Website auf Barrierefreiheit gemäß dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz umfasst zahlreiche Aufgaben. Folgende Punkte müssen dabei unbedingt überprüft werden:
- Genügt der Kontrast zwischen Text und Hintergrund den AA-Standards. (Lässt sich unkompliziert z.B. mit dem Contrast Checker prüfen.)
- Sind alle Videos mit Untertiteln versehen.
- Sind bei allen Bildern Alternativtexte gepflegt.
- Sind die Navigationselemente einfach zugänglich.
- Ist die Website für Screenreader kompatibel.
- Ist eine Bedienung ausschließlich über die Tastatur möglich.
Für Personen, die weder als Entwickler noch als UX-Designer tätig sind, kann diese Aufgabe schnell überfordernd wirken. Ein UX-Audit in Verbindung mit einem SEO-Check kann hier Abhilfe schaffen. Auf diese Weise können die größten Mängel identifiziert und Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit eingeleitet werden.
Barrierefreiheit und SEO – eine Win-win-Situation
Das Gute an dem neuen Gesetz zur Stärkung der Barrierefreiheit ist, dass die damit verbundenen Maßnahmen automatisch auch zu einem besseren Google-Ranking und zu höheren Konversionsraten führen. Denn Suchmaschinen wie Google bewerten Websites, die gut zugänglich sind, positiver. Insbesondere wenn sie alternative Texte für Bilder bieten. Denn diese Texte ermöglichen es Screenreadern, Inhalte vorzulesen, wodurch auch blinde Nutzer ein Verständnis der Website-Inhalte erlangen.
Umgekehrt gilt: Wenn bereits gute SEO-Praktiken implementiert sind, sind vermutlich auch schon einige Anforderungen des neuen Gesetzes erfüllt. SEO und Barrierefreiheit überschneiden sich in vielen Bereichen, etwa bei der klaren Strukturierung von Inhalten und der Nutzbarkeit von Webseiten.
Wichtig! Rechtzeitig mit der Umsetzung des BFSG beginnen
Bis zum 28. Juni 2025 müssen die meisten B2C-Websites sowie Dienstleistungen und Produkte den Anforderungen der Barrierefreiheit entsprechen. Das ist nicht mehr so lange hin, und ein gründlicher (Soft-)Relaunch, der die AA-Standards der Barrierefreiheit erfüllt, lässt sich nicht innerhalb einer Woche umsetzen. Um nicht unter Zeitdruck zu geraten und ggf. gezwungen zu sein, die eigene Website überstürzt umzugestalten, empfiehlt es sich deshalb, zeitnah erste Maßnahmen einzuleiten.
In einem zukünftigen Beitrag werden wir auch die Auswirkungen des BFSG auf die technische Dokumentation und das Verpackungsdesign untersuchen, die ebenfalls wesentliche Aspekte für die Barrierefreiheit darstellen.
Haben Sie Fragen zur Barrierefreiheit oder zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz? Benötigen Sie eine Überprüfung, um festzustellen, in welchen Bereichen Ihre Website noch nicht den Standards entspricht? Wir beraten Sie gern und stehen Ihnen für alle Ihre Fragen zur Verfügung.