Internatio­nalisierung & Marketing: Warum man mit Franzosen nicht arbeiten kann

Internatio­nalisierung & Marketing: Warum man mit Franzosen nicht arbeiten kann

Kennt man ja im Marketing: Eine neue Katalogproduktion oder ein paar Broschüren für die neue, international vermarktete Produktlinie stehen an. Gut gelaunt entwirft man einen Plan, der die Lokalisierungen für die verschiedenen Länder- und Marktversionen projektiert und zentral steuert. Internationalisierung ist schließlich kein Hexenwerk, oder? Denkste!

„Wir möchten das Gleiche in Grün“

Kaum ist der Kick-off vorbei, gehen mit der Bearbeitung die ersten Probleme los: Nicht nur, dass es in der Regel von vornherein abweichende Meinungen zu der Auslegung von Briefings und zu dokumentierten Projektvorgaben gibt. Sobald mit der Ausarbeitung begonnen wird, wird der Unmut aus den Ländern sehr viel konkreter.

  • Plötzlich kommt der Sales-Vertreter aus UK darauf, dass das Modell XY in der Farbe Z dort gar nicht verkauft wird.
  • Der Verkäufer aus Bulgarien gibt dafür zu bedenken, dass es in Bulgarien üblich sei, Preise ohne Mehrwertsteuer auszuweisen.
  • Die polnische Agentur meldet sich bereits seit vier Tagen nicht, trotz wiederholter Nachfrage.
  • Die Spanier sind der Auffassung, dass alle Produktangaben falsch sind, denn sie haben eine Excel-Liste, in der abweichende Daten stehen.
  • Dem Italiener gefällt dafür das Broschürendesign nicht.
  • „Madonna!“

Letztendlich möchte also fast jedes Land seine eigene, individuelle Version. „Zut alors!“ Das erzeugt Aufwand in der Erstellung und bei den Korrekturen. Da geht dann nicht nur die Vision von der zentralen Steuerung des Projekts den Bach runter, sondern mit ihr auch die bereits von vornherein knappen Timings bis zur geplanten Produkteinführung.

Internationalisierung im Marketing heißt oft genug auch: Komplexität im Projektmanagement

Internatio­nalisierung im Marketing: „Ich kann so nicht arbeiten“

Im internationalen Marketing hat man gern den Eindruck, dass man beispielsweise in Frankreich montags erst gegen halb elf zur Arbeit erscheint, gegen 13 Uhr zwei Stunden Mittagspause macht und dann nach einem kurzen Skype- oder Teamviewer-Meeting direkt in den Feierabend geht. Am Dienstag passiert nichts Neues, weil da die Arbeit vom Montag nachgeholt wird. Am Mittwoch hat immer noch das ganze Land den halben Tag frei (auch wenn das inzwischen offiziell abgeschafft wurde). Donnerstags wird zwar gearbeitet, nur hat da die Broschürenerstellung keine allzu hohe Priorität. Alles danach zählt bereits zum Wochenende, folglich kein Projektfortschritt.

Auch wenn es sich hier um eine bewusst überspitzte Aneinanderreihung von Klischees handelt (Pardon, liebe Franzosen!), zeigt sich doch eins: Marketingmaßnahmen im internationalen Umfeld müssen sehr sorgfältig geplant sein und tatsächlich auch Rücksicht auf kulturelle Besonderheiten nehmen – wie zum Beispiel nationale Feiertage, die bulgarische Mehrwertsteuer und dergleichen.

Prinzipiell hat man nun drei Möglichkeiten:

  • Erstens, man überhört geflissentlich die Änderungswünsche der Länder und hält eisern an einer zentralen Vorgabe fest.
  • Zweitens, man lässt jedes Land nach Gutdünken Änderungen durchführen. Dann lebt man zähneknirschend damit, dass man nun keine Lokalisierungen mehr hat, sondern eigenständige Publikationen. Diese zeichnen sich gern durch eine recht freie Interpretation eigentlich feststehender Kommunikationsvorgaben (z. B. Terminologien) aus.
  • Drittens, man stellt den lokalen Agenturen offene Dateien zur Bearbeitung zur Verfügung, um den Aufwand im eigenen Haus zu verringern. Das Ergebnis schaut man sich im Hinblick auf Corporate Identity und Design allerdings besser nicht allzu genau an, will man keinen gestaltungsinduzierten Herzinfarkt erleiden.

Wenn internationales Marketing zum Abstim­mungs­albtraum wird

Es liegt klar auf der Hand, dass die steuernde Marketingabteilung oder Agentur mit keiner dieser Varianten zufrieden sein kann.

Ad 1: In der Regel sind die Änderungswünsche nicht völlig aus der Luft gegriffen. Man kann sie also nicht einfach ignorieren, ohne wissentlich Ausschuss zu produzieren, wie etwa eine Broschürenversion mit einem nicht existenten Produkt („Vaporware“).

Ad 2: Hier besteht die Gefahr, dass man selbst in einen Strudel aus Abstimmungsmails und Korrekturversionen gezogen wird, sodass es schwerfällt, den Überblick zu behalten. Denn angemeldete Änderungswünsche der einzelnen Sales-Abteilungen müssen mit dem Produktmanagement und gegebenenfalls der Geschäftsführung abgestimmt werden. Schließlich kann ja nicht jeder einfach machen, was er will.

Ad 3: Bei diesem Modell gibt man zwar das meiste des für die Lokalisierung anfallenden Aufwands ab, gleichzeitig jedoch auch die Kontrolle über die Kommunikationsstruktur. Das Ergebnis ist eine recht bunte Mischung unterschiedlichster inhaltlicher und qualitativer Ausprägung – eigentlich ein No-Go, wenn man international einheitlich kommunizieren will.

Internationalisierung heißt: abstimmen, abstimmen, abstimmen

Nehmen wir einmal spaßeshalber an, Sie entscheiden sich für die zweite Variante, bei der eine Zentrale die Anpassungen der lokalen Units koordiniert. Nun beginnt ein Kampf gegen Windmühlen: Verschiedene Stakeholder schieben sich mit unterschiedlichen Zielsetzungen Abstimmungsversionen zu und zurück – bevorzugt per Mail.

Hier sind Fehler auf allen Ebenen vorprogrammiert: von versehentlich geänderten Produktdaten und fehlerhaften Übersetzungen über verloren gegangene E-Mails, falsche Empfänger bis hin zu zerschossenen Layouts. Immer wieder gern wird auch der Klassiker der unabsichtlich überspeicherten Masterversion genommen. Feinheiten wie die lockere Handhabung des Bebilderungskonzepts inklusive Fragen des Urheberrechts kommen dann oft noch erschwerend hinzu. „Goodness gracious!“

„Nur noch schnell lokalisieren“

Stellt man sich dieses Vorgehen für 25 Länder oder Märkte vor, wird man als Projektmanager am besten gleich ohnmächtig. Oder man verfällt in einen „Furor Teutonicus“ und schimpft wie ein Rohrspatz über die zweifelsfrei pathologisch veranlagten Kollegen im Ausland.

Aus der „schnell“ noch zu erledigenden Lokalisierung der Verkaufsliteratur ist ein Monster geworden. Eine grotesk aufgeblähte Excel-Tabelle geht mit Statusänderungen, Versionierungen und Korrekturen schwanger, bis wirklich niemand mehr den Überblick hat. Schließlich kaut man den kompletten Wust an Abstimmungsversionen und -mails grummelnd noch einmal von vorn durch: Das ungeliebte „Schrubben“ beginnt.

Internationalisierung Marketing Korrekturen

 

Ursachen­forschung: Woher kommt’s?

Der Ärger beginnt meist damit, dass für die Zusammenarbeit der verschiedenen Projektbeteiligten entweder kein klares oder ein zu kompliziertes Prozessschema vereinbart wurde. Finden sich die Vertreter in den einzelnen Ländern dann nicht zurecht, kommt es schnell zu Insellösungen und Alleingängen.

Vermeintlich eindeutige Vorgaben zu Stilen und Layouts werden dann schnell über Bord geworfen: Logos werden anders platziert, Produktabbildungen ausgetauscht und verkleinert, oder – „caramba!“ – irgendjemand ersetzt die Hausschriftart durch Comic Sans. Offene Dateien stellt man dann am besten gar nicht erst zur Verfügung, was aber bedeutet, dass die eigenen Grafiker und Reinzeichner Extraschichten einlegen müssen. Von wessen Budget geht das nun ab? Hm.

Internationales Marketing: „same shit, different project“

Von Schlaf­tabletten und „Spezialisten“

Besonders ärgerlich ist es, wenn einzelne „Spezialisten“ mit der Reaktionszeit und dem Arbeitstempo einer Apfelschnecke sich zuerst zwei Wochen lang gar nicht zurückmelden, um dann auf einmal umfangreiche Änderungen mit höchster Eile zu „bestellen“. Bevorzugt werden hierzu handschriftliche Anmerkungen in ein ausgedrucktes PDF gekritzelt und dann per unleserlichem Scan oder gar Fax zugesandt – der Einfachheit halber. Das macht nun aber besonders viel und besonders unnötigen Extraaufwand. War das nicht beim letzten Mal auch schon so?

Die Gretchenfrage: Können die nicht oder wollen die nicht?

Eskalations­stufen: Soll ich jetzt petzen?

Jetzt bekommt das Projekt auch eine (unternehmens-)politische Ebene: Müssten diese offensichtlich suboptimalen Prozesse nicht dokumentiert, analysiert und verbessert werden? Sollten „Dornröschen“-Kollegen nicht per Reminder an Abgabefristen und Prozessschritte erinnert werden? Und wenn ja, muss ich den Prozess eskalieren und etwa den Marketingleiter in cc nehmen – und darf ich das überhaupt, oder erzeugt das woanders Missstimmung?

Workflow­management im inter­nationalen Marketing

Am besten setzt man diese Unwägbarkeiten von vornherein außer Kraft. Gerade bei komplexen Projekten – wie einem Produktkatalog – oder bei eiligen Projekten – wie den aktuellen Broschüren – ist dies wichtig. Denn es ist der Zufriedenheit der Mitarbeiter nicht gerade zuträglich, wenn die eigentliche Projektarbeit durch Intransparenz behindert oder gar verunmöglicht wird. Dies erschwert auf Dauer auch die Zusammenarbeit aller Beteiligten und sorgt für miese Stimmung in den einzelnen Teams.

Ärger frisst Mitarbeiter auf.

Was aber tun? Die Lösung liegt in nachvollziehbaren Workflows mit 100 % Transparenz.

Automatische Eskalation: Online-Editing als Workflow-Engine

Bei Lokalisierungen von Printprodukten kann man sich beispielsweise einer Web2Print-Lösung bedienen. Diese Tools erlauben eine hohe Marketingeffizienz, besonders bei international angelegten Publishing-Projekten.

Die Tools schaffen Übersicht, denn der Stand der Dinge ist immer aktuell und transparent ersichtlich: Liegt die Broschüre beim Sales? Im Korrektorat? Beim Reinzeichner? „Schläfer“ werden in den Prozessen auf diese Weise frühzeitig entdeckt oder gar nicht erst toleriert. So lassen sich beispielsweise bei Erreichen einer Deadline oder bei Erledigung eines Prozessschritts Push-Mails erzeugen.

Der aktuelle oder der nächste Beteiligte wird so an seine Aufgabe erinnert oder auf eine neue Aufgabe hingewiesen. Für Ausreden ist dann kein Platz mehr: Die Disziplin innerhalb des Projekts steigt.

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Internatio­nalisierung: So klappt’s auch mit den Nachbarn

Zweitens lässt sich durch ein ausgeklügeltes Rechtesystem genau festlegen, wer was ändern darf. Stilvorlagen bleiben dadurch, wenn gewünscht, unangetastet. Das heißt: Die einzelnen Länder können zwar Kommentare machen, Änderungen beantragen und Texte editieren – gestalterische Alleingänge sind aber nicht mehr möglich.

Damit einher geht ein spürbarer (und spürbar wohltuender) Rückgang der ungeliebten Korrekturschleifen. Und diese vermisst letzten Endes dann niemand – auch die Franzosen nicht.

 

Beitrag von Julia Mayer
Julia Mayer ist Kundenberaterin der mds. in München. Mit ihrem Team betreut sie Kunden in allen Fragen der Verpackungs- und Katalogproduktion.

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